Category: Allgemein

  • gegen:WART – Pop hat (k)ein Problem 12.05.23

    Gemeinsam mit dem Heart of Noise und der Workstation präsentieren wir in der p.m.k. am Freitag den 12.5. die 4. Veranstaltung unserer Diskursreihe gegen:WART //// es geht bergab und widmen uns dem Thema Pop. Wir sind gespannt auf folgende Programmpunkte:


    Talk mit Beate Flath & Katharina Seidler
    Moderation: Martin Fritz

    Anschließend gibt es ein Konzert mit Romano //// DJ Support von Tessi

    gegen:WART //// Pop meets Heart of Noise Festival

    DOORS 20:00
    TALK 21:00
    ROMANO 23:00
    AK €15 Talk & Show



    Im Rahmen der sechsteiligen Diskursreihe “gegen:WART – es geht bergab” widmet sich das Kulturkollektiv ContrApunkt den Themenkomplexen Kritik, Kulturelle Aneignung, Ungleichheit, Pop, Extremismus und Utopie. Dabei dient uns als Basis und roter Faden durch die Diskurs-Reihe stets die Frage, in was für einer Gesellschaft wir eigentlich leben wollen?
    Die Einheit zum Themenkomplex POP & GRENZÜBERSCHREITUNG findet als Kooperation mit dem Heart of Noise Festival statt und bildet gleichzeitig das Warm-Up zum HoN Festival 2023. Dabei soll uns ein unscharfes Echo von Rainald Götz’ Feststellung „Pop hat (kein) Problem“ als Leitmotiv durch den gesamten Abend dienen. Zusammen mit den Diskutant:innen Dr. Beate Flath (Universität Paderborn) und Katharina Seidler (FM4 Im Sumpf) und Moderator Martin Fritz versuchen wir im Dunklen nach Antworten zu suchen und gemeinsam alles Eindeutige hinter uns zu lassen. Und da wir aktuell alle mehr als nur ein bisschen Liebe gebrauchen können, beschließen wir den Abend mit den eklektischen Sounds von ROMANO aus Berlin-Köpenick und feiern gemeinsam das gute Leben:

    Sujet: eekhoorn.at
    Sujet: eekhoorn.at

     
    gegen:WART: Pop hat (k)ein Problem


    Der Kult-Autor Rainald Götz hat einmal den bekannten Satz gesagt: Pop hat kein Problem. Als Fan und Popkultur-Afficianado findet man solche Statements natürlich großartig und mit etwas gutem Willen mag man dieser Haltung auch auf einer gewissen Ebene zustimmen. Wenn man sich nun allerdings die Landschaft der populären Musik seit ihrem Bestehen mit offenen Augen ansieht, kommt man um eine unbequeme Gewissheit nicht herum: Vielleicht hat „Pop“ als Kunstgriff und Interpretationsrahmen kein Problem, aber die Gesellschaft in die er eingebettet ist höchstwahrscheinlich schon.
     
    Erhitzte Debatten, bewusste Provokationen und gezielt überschrittene Grenzen prägen aber nicht nur das Feld der zeitgenössischen Populärmusik; auch auf den politischen Bühnen wird effekthascherisch gepoltert und werden die Grenzen des Sagbaren laufend verschoben. Belege dafür finden sich beinahe täglich in den internationalen Zeitungen. Es scheint, das Brechen von bisher gültigen Tabus und das inszenierte Provozieren gehören mittlerweile zum festen medialen Repertoire und zum politischen Handwerkszeug. Im ständigen Kampf um die Aufmerksamkeit wird deshalb oft und gerne am gesellschaftspolitischen Watschenbaum gerüttelt.



    Was ist der Unterschied zwischen einem Popstar und einem Terroristen?
    Mit einem Terroristen kann man verhandeln.
    – Madonna



    Unterschiedliche Arten von Grenzüberschreitungen haben aber auch in der Populärmusik eine lange Tradition. Je nach Spielart und den Szene-internen Konventionen manifestiert sich das dann auf unterschiedliche Art und Weise. So provozieren zum Beispiel einzelne Spielarten des extremen Metals mit einem bewusst satanistischen Image, gewisse Strömungen innerhalb des PunkRocks rufen zur totalen Absage an die Gesellschaft auf und das Feld der heimatverbundenen Rockmusik präsentiert selbstbewusst seine Abwehrhaltung gegenüber allen gefühlsmäßig „fremden“ Einflüssen. Zudem vergeht mittlerweile gefühlt kein Monat, in dem nicht ein neuer Deutschrap-Skandal die Feuilletons und Musikplattformen beschäftigt – sei es durch antisemitische Codes, Verherrlichungen von Gewaltverbrechen oder krass sexistischen Songtexte.
     
    Soweit so unübersichtlich – ist nun also tatsächlich Feuer am Dach? Oder lassen wir uns hier nur künstlich von Großspurigkeit und Imponiergehabe aufscheuchen? Werden hier Äpfel mit Birnen verglichen und vielleicht sogar “spielerisches” Anecken für bare Münze genommen? Wie sollen oder können wir uns heute in einer Gesellschaft verständigen und zurechtfinden, in der das inszenierte Spektakel und das reißerischste Gehabe aber am meisten Gehör zu finden scheinen? Müssen wir unsere Rezeptionshaltung gegenüber Pop und seinen Spielarten neu ordnen? Oder sollten wir uns eher ein weiteres Rainald Götz Zitat ins Gedächtnis rufen der uns einmal mitgegeben hat: “Es gibt keine andere vernünftige Weise über Pop zu reden, als hingerissen auf das Hinreißende zu zeigen: Hey, super!”

  • TIME WEEK 2023 / Bozen

    Erfreulicherweise wurde Bozen vom “Netzwerk für Zeitpolitik” (auf Barcelona folgend) zur Zeithautpstadt Europas 2023-2024 gekürt. Und just in diesem Moment beginnt die Time Week 2023 – die sich mit unterschiedlichen Fragen zum Thema Zeit und vor allem Zeitpolitik auseinandersetzt. Als heavy-user der Nacht und grundsätzlicher Symphatisant der vierten Dimension freut es mich umso mehr, dass ich zu diesem spannenden Panel eingeladen wurde: “City and nigthlife“ – Zeit für Unterhaltung, für Kultur, für Studium, für Arbeit und für Schlaf. Ist es möglich, die verschiedenen Funktionen der Stadt zu gewährleisten, ohne Zeitkonflikte zu erzeugen?

    Ich finde es wirklich fabelhaft, das ganze Thema einmal von dieser Seite her aufzuziehen und zu besprechen wie wir es gemeinsam schaffen können, unterschiedliche zeitbezogene Bedürfnisse unter einen Hut zu bekommen. Geht ja doch um ein bisschen mehr als nur um ein physisches verortet sein, oder nicht? Wie können wir mit der alten Diskussion zwischen “Zeit zum Schlafen”, “Zeit zum Raven”, “Zeit zum Arbeiten” umgehen? Falls sich also jemand am Donnersag südlich des Eurospins ein paar Stündchen mit uns über die Nacht, Kulturarbeit und die Zeit überhaupt unterhalten möchte, kommt dazu 🙂

    Gern auch mal in Innsbruck eine Diskussion zum Thema Zeit, bitte! (bitte redet ihn aber nicht auf die Parkuhr an)

  • Schnitzelbeat Vol.3

    Ready for Take Off: Heute ab 20:00 Uhr in der p.m.k: Nach jahrelanger Forschungstätigkeit präsentiert der Wiener Kulturverein Trash Rock Archives die dritte Ausgabe der LP/CD-Compilation-Reihe “Schnitzelbeat”, die sich einmal mehr mit abseitigen Kapiteln heimischer Pop- und Underground-Musik-Geschichte auseinandersetzt.

    Mit detaillierten Liner Notes und seltenem Bildmaterial illustriert, liegt der Fokus nun auf der Aufarbeitung der heimischen Hippie-Ära, dem Folk-Movement, Psychedelic Rock und Proto-Punk – und der Klärung essentieller Fragen: Gab es in Österreich eigentlich gelungene Entsprechungen zu Woodstock, Jimi Hendrix und “Sgt Pepper”? Und den Spirit der 68er-Bewegung? Oder zünftige Rauschgiftparties?

    Out now: 16 Song-LP bei Digatone // 20-Song-CD bei Konkord!

    hosted by Kulturkollektiv ContrApunkt

  • Statement zur Verlängerung der Waffenverbotszone in den Viaduktbögen (& Interview Bezirksblatt)

    Vor Kurzem wurde bekanntlich die Waffenverbotszone in den Innsbrucker Viaduktbögen erneut um weitere 3 Monate verlängert. Presseaussendungen und mehreren Zeitungsartikel zufolge zeigen sich die Behörden darüber erfreut und merken an, dass sie “die nordafrikanische Drogendealer-Szene” (ufff) verdrängen konnten und sich die Sicherheitslage in der Ausgehmeile stabilisiert hat. Gestern habe ich im Bezirksblatt zu diesem Thema ein Statement getätigt, dass im Endeffekt daraus hinausläuft, dass ich die Verlängerung der Waffenverbotszone weniger durch irgendwelche vorhandenen Waffen begründet, sondern vielmehr als eine einfache Lizenz dafür sehe, Leute auf Verdacht hin auszusackeln. Aber das habe ich ohnehin schon mehrmals öffentlich so transportiert.

    Zur Klarstellung und um es ganz deutlich zu sagen: Waffen haben in den Bögen (und auch sonst nirgends!) verdammt nochmal NICHTS verloren und auch gewalttätige Übergriffe sind das Allerletzte und sind dementsprechend zu verurteilen!

    Trotzdem macht man es sich meiner Meinung nach zu leicht, wenn man sich alle 3 Monate über die Verlängerung der Waffenverbotszone freut und hofft, dass die größeren Zusammenhänge, die damit verbunden sind, sich irgendwie anders lösen werden. Deshalb möchte ich hier noch ein paar Gedanken nachstreuen:

    Nach der grauenhaften Tötung, die 2018 an der Ecke Ing. Etzel Straße / Museumstraße stattgefunden hat, haben wir öffentlich einen Dialog zwischen Politik, Polizei & Bögenbetreiber:innen eingefordert. In mehreren Austauschrunden, die im Anschluss auch stattgefunden haben, wurden Aspekte wie Sicherheit, eventuelle Möglichkeiten der Sozialarbeit, Austausch zwischen Behörden und Bögenbetreibenden, öffentliche Wahrnehmung und Vermittlung eines differenzierteren Bildes der Bögen, diskutiert.

    Einige dieser Themenblöcke und Gesprächsrunden brachten mal mehr mal weniger sichtbare Ergebnisse mit sich; bei manchen war man sich auch nicht ganz sicher wie man hier vorgehen sollte. Einige der offensichtlichsten Maßnahmen sind zB die Verbreiterung des bögenseitigen Gehsteigs, zusätzliche Fahrradständer und Müllkübel und dass nun generell weniger Autos vor den Clubs parken dürfen und somit also alles etwas einsehbarer ist. Überhaupt ist die Straße durch die zusätzlich angebrachte Beleuchtung mittlerweile die hellste Straße von ganz Innsbruck und eben auch die mit Kameras am dichtesten überwachte.

    In other news: Auch das letztjährig gestartete BOGENFEST resultiert nicht zuletzt aus dem tollen und verstärkten Austausch mit dem Innsbruckmarketing, den wir seit diesen Gesprächsrunden haben (an dieser Stelle ein besonderer Dank an Heidi Reckendorfer!).Im Zuge des Prozesses wurde zudem eine zuständige Person seitens der Polizei ernannt, die quasi als „Ansprechpartner“ für die Viaduktbögen fungieren sollte. Gleichzeitig wurden Maßnahmen wie eine regelmäßige, passive Bestreifung und auch ein vermehrt deeskalierendes und präventives Auftreten von Beamti:innen eingefordert – und von den Meisten wurde das auch so unterstützt.

    Ich lebe seit bald 10 Jahren direkt in der Bogenmeile und seit einigen Jahren arbeite ich hier auch – deshalb traue ich mich ein paar Einschätzungen beisteuern zu können. Vorneweg: Mir ist klar, dass auch die Polizei mit immer knapper werdenden Personal- und Zeitressourcen konfrontiert ist und deshalb in weiterer Folge Priorisierungen gemacht werden müssen. Ob da ein regelmäßiges Durch-die-Bögen-Schlendern zeitlich einplanbar ist? Wahrscheinlich eher schwierig.

    Aber von den oben angesprochenen Maßnahmen (passive regelmäßige Bestreifung & deeskalierendes, präventives Auftreten) ist – zumindest meiner Einschätzung nach – nicht mehr viel Merkbares übrig geblieben, außer dass eben alle paar Monate diese Verbotszone verlängert wird und wenn’s mal wo kracht, dann kommt man um im Anschluss zusammenzuräumen (auch wenn man in Echtzeit sich anbahnenden Eskalationen durch ebendiese Kameras zuschauen kann). Ich finde es schade, wenn also diese „Waffen“verbotszone, die im Übrigen nicht für Küchenmesser gilt, weil ja auch die ansässige Gastro mit Irgendetwas arbeiten muss – oder für fucking KETTENSÄGEN – wie ein wildgewordener Gemeinderat vor Kurzem demonstriert hat, als er mit einer solchen in die Messehalle zur letzten Gemeinderatssitzung spaziert ist (wtf war das eigentlich?! aber dazu noch ein anderes Mal mehr) alle paar Monate durchgewunken wird und dann schau ma mal.



    Ad Austausch und Wahrnehmung: Letztes Jahr hatten wir beispielsweise mal die Situation, dass eine Polizeieinheit mit ca 10 Beamt:innen in die p.m.k kam, um eine „verdächtige Person“ zu suchen. Als wir anfangs wissen wollten warum sie hier sind und warum in dieser massiven Stärke, bekamen wir vom Einsatzleiter die Antwort „man muss massiv auftreten, wenn man zum Feind geht“. Dazu muss ich jetzt glaube ich nicht viel sagen.



    Wie gesagt, haben Waffen selbstverständlich in den Bögen nichts verloren – no na – aber um nachhaltig konstruktiv gesellschaftlich einwirken zu können, braucht es meiner Meinung nach andere und erweiterte Zugänge – und vor allem welche die sich nicht auf Kameras und ein paar durch bissl racial profiling motivierte Drangsalierungsaktionen beschränken.

    Und weil wir grad beim Thema Drogen sind, vielleicht noch ein kleiner Nachsatz, der manche vielleicht in meinem Bezirksblatt-Statement verwirrt hat:

    Wenn es grundsätzlich darum ginge den gesellschaftlichen Drogenkonsum zu thematisieren, würden wir uns noch ein GANZ anderes Fass aufmachen. Fast alle haben’s mittlerweile mitbekommen: spätestens seit der Pandemie häufen sich die Berichte über den explosiv angestiegenen Drogenkonsum in Europa – und das quer durch die Gesellschaft. Ein Kontinent mit (zu Recht) überforderten Menschen ballert sich weg – und das fädelt nicht irgendeine „nordafrikanische Drogendealer-Szene“ (aaaah!) ein, sondern hat ganz andere Hintergründe.



    Klar: Das Thema ist viel zu lange und zu komplex, um hier jetzt irgendwelche klugen Vorschläge zur machen, aber nur damit es auch hier nochmal gesagt ist: Die Junkies sind nicht „die schrägen Leute in den Bögen“ – sondern Drogenkonsument:innen sitzen mittlerweile in den Büros, in der Verwaltung, in den Dienstleistungsbetrieben und überall sonst wo wir Menschen treffen. That’s a fact und soll jetzt auch überhaupt kein Vorwurf sein. Aber bitte nehmen wir nicht irgendwelche Nachtschwärmer:innen, die sich gerne in den Bögen bewegen als Projektionsfläche für gesamtgesellschaftliche Probleme her. Wie gesagt, ich hab auch nicht die ultimative Lösung parat und zu tun gäbe es ohnehin immer viel – aber diese „Waffen“verbotszone samt Kameras tragen definitiv nicht zu einer konstruktiven Lösung bei, da kennts mir dazehln was wollts.

  • Interview zum beruflichen Werdegang: ECHO KARRIERE 2023

    Von Zeit zu Zeit bekomme ich Anfragen die meinen beruflichen Werdegang betreffen. Ich bin darüber jedes Mal wieder etwas überrascht, aber natürlich auch irgendwo froh, da sich das in-der-Kultur-verortet-sein meist so schwammig und rutschig-beweglich anfühlt, dass sich eine gelegentliche Rückkopplung und Bestandsaufnahme für mich selbst durchaus gesund und lehrreich anfühlt.

    Bei einer gleichzeitiger Warnung vor Selbstausbeutung, die zwangsläufig passieren wird, versuche ich zukünftigen Kukturarbeiter:innen aber immer wieder mit auf den Weg zu geben, dass verschiedene Sachen zusammenpassen bzw sich halbwegs vereinbaren lassen müssen: zuerst einmal die äußeren “Lebensunstände”, denn anfänglich wird es finanziell eher mau aussehen bis man sich gewisse Dinge erarbeitet hat bzw nicht nur mehr die “gratis”-Jobs zugeschanzt bekommt (an dieser Stelle immer wieder danke an meine Familie für das anfängliche Ermöglichen meines Tuns!). Zweitens muss man schon ziemlich dafür brennen, sich aktiv weiterbilden und wie ein Böser Netzwerken (wahrscheinlich eh in so ziemlich allen Jobs so). Und drittens sollte man sich auch thematisch etwas einschränken, weil “Kunst und Kultur” dann doch ein Recht weites Feld ist. Ich habe beispielsweise Recht lange gebraucht, um zu erkennen, dass ich ein sehr guter Ermöglicher und Vermittler bin, aber nicht unbedingt selbst die interessantesten Sachen komponiere/herstelle/in die Welt werfe. Aber das ist total okay und dafür weiß ich mittlerweile wie ich für andere Menschen, die das besser können als ich, den Boden bereiten und ihnen wertvolle Tipps zur konkreten Umsetzbarkeit geben kann.

    Das Interview mit dem ECHO war ursprünglich mal etwas länger, aber einige der zentralen Punkte finden sich soweit wieder. Danke auf jeden Fall für das nette Gespräch und ich wünsche allen angehenden Kolleg:innen schon mal alles Gute und vor allem gute Nerven!

    HIER KLICKEN um den ECHO KARRIERE online zu lesen

  • Feiern im öffentlichen Raum Innsbrucks

    Heute haben Emma Egger (Innsbruck Club Commission) und ich gemeinsam mit Vertreter:innen der Geschäftsstelle Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung, des Stadtmarketings und dem Leiter der Mobilen Überwachungsgruppe erneut das Thema “Feiern im öffentlichen Raum” bearbeitet. Es ist wichtig, dass es Menschen in der Stadtverwaltung gibt, denen die damit verbundenen Problematiken bewusst sind (keine niederschwellig bespielbaren Flächen im Raum Innsbruck, für neue Crews oft verwirrende Behördenstruktur und Zuständigkeiten, etc) und die mit uns an einer Verbesserung der Situation arbeiten wollen.

    Trotzdem muss auch festgehalten werden, dass sich der Prozess nun bereits über Jahre zieht und wir am Beginn der neuen “Saison” immer noch sehr weit entfernt von einer Situation oder auch nur Perspektive sind, die Menschen im öffentlichen Raum gestattet niederschwellig Partys zu veranstalten. Konzepte anderer Städte sind oft toll, scheitern in der Adaption auf Innsbruck aber meistens an der Topografie der Stadt, an der Sorge bezüglich Anrainer:innenstress und manchmal auch am Fehlen des klaren politischen Willens.

    Konkret steht jetzt mal an, dass es jährliche kostenlose Infoabende für junge Crews geben wird, im Rahmen derer man mal niederschwellig alle wichtigen Hardfacts vorstellt (Ab wann ist eine Veranstaltung anmeldepflichtig? Wer sind die relevanten Behörden? Was bedeutet das eigentlich rechtlich, wenn ich wo Veranstalter:in bin? Was gilt es zu beachten, wenn ich auf der Straße/im Hinterhof/im Wald rave? Muss mich das alles interessieren, wenn nein, was kommt dann im blödesten Fall dabei raus? etc).
    Das ist zwar noch kein physischer Ort, aber zumindest ein Anfang und ein Zeichen, dass die Stadt sich aktiv mit Veranstalter:innen austauschen und einige vermeidbare Probleme schon im Vorfeld besprechen will. Immerhin.

    An dieser Stelle ein Shout Out an Andrea aus der Bürger:innenbeteiligung fürs Dranbleiben und auch an Sarah und Heidi vom Stadtmarketing für die tolle Zusammenarbeit.

    Wir bleiben jedenfalls ebenfalls an der Thematik dran, um die Stadt lebenswerter und ravefreundlicher zu machen.
    Unser Kampf endet erst nach der Errichtung des Bundesschranzler:innenamts in der Maria-Theresien-Straße 😉

  • gegen:WART // Kulturelle Aneignung (23.02.23)

    gegen:WART //// Kulturelle Aneignung ////
    stolen culture – searching for origin
    Diesen Donnerstag, 23. Februar 2023 laden wir euch ins RFDI – Reich für die Insel (Rennweg 4, 6020 Innsbruck) ein, zur zweiten Veranstaltung unserer ContrApunkt-Diskursreihe gegen:WART //// es geht bergab.

    Wir werden uns an diesem Abend mit dem Thema „Kulturelle Aneignung – Cultural Appropriation“ beschäftigen und freuen uns darauf Jens Balzer und Deborah Krieg als Diskutant:innen begrüßen zu dürfen.

    Mehr Informationen zur Veranstaltungen finden sich HIER auf contrapunkt.net

    Was kosten die Tickets? Eintritt selbstverständlich auf freiwilliger Spendenbasis

    Datum:           23.2.2023
    Beginn:          19:30
    Ort:             RFDI – Reich für die Insel
    Vortragende:     Jens Balzer und
                     Deborah Krieg
    Ausklang mit:    Alaska Al vs. Al Tropical
  • Kulturbeirat des Landes Tirol

    Schick – zum ersten Mal Post vom Landeshauptmann persönlich. Ab nun kann/darf/soll ich als Kulturbeirat des Landes Tirol ein paar meiner bisher gemachten Erfahrungen und Ideen, die mir vor allem die Sub- und Clubkultur mit auf den Weg gegeben haben, auch auf dieser Ebene einbringen. Das freut mich natürlich sehr, ich bedanke mich an dieser Stelle für das Vertrauen der Landesregierung und werde versuchen den Spirit der Bögen auch im Landhaus würdig zu vertreten.

  • Interview mit dem KOMPLEX Magazin

    Das Innsbrucker Kulturmagazin KOMPLEX hat vor Kurzem ein Interview mit mir veröffentlicht, in dem wir über unseren Kulturverein “skin on marble” sprechen. Zusätzlich beinhaltet der Text eine Rezension zu unserem letzten Konzert des “TÄUBLING”s, der gemeinsam mit Teresa Riemann in der p.m.k gespielt hat.
    Vielen Dank für den tollen Text und das Interview, es ist nicht gerade einfach den Zugang von “skin on marble” zu Kulturarbeit darzulegen, aber dieser Text macht es auf die bestmögliche Art und Weise.

    Im Wechselbad der Zitronen – der Täubling in der p.m.k, hosted by skin on marbl

      Der Verein skin on marble ist seit 2014 mit schwieriger Musik aller Art in der p.m.k aktiv. Im Dezember präsentierten sie hier – in Kooperation mit Verschubu Records – den Täubling, ein Konzert, das sich irgendwo zwischen Hiphop, Punk und grotesker Theaterperformance bewegte. komplex nutzt die Chance, etwas mehr über den Verein in Erfahrung zu bringen und einige Impressionen eines sehr speziellen Konzertabends festzuhalten.
      Der Täubling | Bild: Rene Nuderscher

      „Was mache ich hier eigentlich?! Ich hätte auch einfach Germanistik studieren können!“ jammert der Mensch mit Frack und Hasenmaske, bevor er wieder zu rappen beginnt. Wir befinden uns bei einem Auftritt des Künstlers Der Täubling, welcher in der Pause zwischen zwei Songs recht überzeugend vermittelt, dass er gerade so ziemlich alles andere lieber tun würde, als für uns dieses Konzert zu spielen. „Wir sind hier ja eigentlich gar nicht in der Provinz! Aber alles sieht so aus! Sogar die Leute!“ schreit er und starrt uns in unsere so schrecklich durchschaubaren, provinziellen Gesichter. Die Musik lässt sich wohl am einfachsten als Hiphop beschreiben, wohlüberlegte, von Referenzen übergehende Sprachkunst jedenfalls. Die offenkundige Intelligenz, die hinter den Worten steckt, das Übermaß an Bildung, macht das Ganze nur noch schlimmer – er hasst uns nicht nur, er ist noch dazu klüger als wir! Und urbaner sowieso. 

      „Ich bin eine einzige Bedürfnispyramide“ wimmert er im nächsten Augenblick, während er von der zweiten Gestalt auf der Bühne in einem Akt irgendwo zwischen Fürsorge und Grausamkeit abwechselnd mit Zitronen und Sekt gefüttert wird. Der Täubling kriecht, bettelt und leidet demonstrativ, nur um im nächsten Moment wieder zu beleidigen, angebotene Zigaretten abzuweisen, nicht über wohlgemeinte Witze zu lachen, es kurzgesagt einfach völlig zu verweigern, irgendeine Form von versöhnlicher Artist-Publikum-Bindung einzugehen. Dazu ein ständiges Rotzen, Schlucken, Spucken in alle Richtungen, ein widerliches Gemisch aus jammervoll-röchelnden Geräuschen. Diese leeren Hasenaugen, eher Hasenlöcher eigentlich, verfolgen einen auch einfach überall hin, bis in die letzte Ecke des Raumes stieren sie einem hinterher. 

      Einzig durchbrochen wird das Ganze von einem zarten Intermezzo des Alter Egos Jean-Baptiste Revál, das in vollendeter Zerbrechlichkeit ein kleines Lied ins Mikrophon hauchen darf, bevor es vom Hasen wieder von der Bühne gedrängt wird. An eben jenes Alter Ego ist auch das Liebeslied „Für Jean-Baptiste“ gerichtet – beim Nachlesen entdecke ich, dass der Täubling diesen schon beim Erscheinen seines Debutalbums 2017 als seinen „einzigen Vertrauten seit 25 Jahren“ bezeichnet – am besagten Konzertabend ist diese Beziehung kein Jahr gealtert. Jenseits der Zeit bleiben auf der einen Seite Zynismus und Perversion ebenso konstant, wie auf der anderen Verletzlichkeit und Hingabe. 

      So taumelt der Täubling irgendwo zwischen maßloser Selbstüberhöhung und bodenlosem Selbsthass auf der Bühne herum, gefangen in einem kranken Zyklus des Erniedrigens und Erniedrigt-Werdens. Und frisst dabei eine unmenschliche Menge an Zitronen. Ein Großteil davon findet nach und nach in hohem Bogen den Weg ins Publikum – einmal erwischt mich eine ganze Ladung Zitronen am Kopf, die mich beinahe ins Straucheln bringt. Jeder Moment auf diesem Konzert eine geladene Metapher. Man will hinausflüchten und die Tür hinter sich schließen, bevor die Metaphern nachkommen. Gleichzeitig verführt der Auftritt mit einem hypnotischen Charme, der zynische Humor reißt nicht ab, jedes Wort trifft ein Ziel, die Musik wirkt umgarnend, die kollektive Verstörung verbindend, wir tanzen und grausen uns simultan. Unnütz die Fragen, die uns nach dem Konzert umtreiben – wie ist der Täubling wirklich? Der Täubling ist nicht wirklich. Als ich erwähne, dass ich über das eben Erlebte etwas schreiben werde, meint eine meiner Freund:innen: „Ich war so aggressiv, dass ich ihn schlagen wollte. Es war toll!“

      Der Täubling verlangt nicht danach, verstanden oder gemocht zu werden. Alle, die Hass oder Ekel oder Mitleid oder Liebe oder irgendein anderes Gefühl an diesen Moment spenden können, sind am richtigen Ort, und die Gefühllosen sowieso. Ich fühle ich mich an einen alten Sticker des Veranstaltervereins erinnert: „Für den sehr Einsamen ist schon Lärm ein Trost“, so die Aufschrift (ein Zitat von Friedrich Nietzsche). Bei skin on marble-Veranstaltungen ist dieser Lärm oft eine harte Geräuschkulisse, in die man abtauchen kann – der Ton übertüncht, übernimmt alles, nimmt es einem kurz ab, zu sein, einsam oder sonst wie. Aber auch dieses ganze leidvolle Tamtam, dieses zügellose Zelebrieren des eigenen Schmerzes ist ein solcher Lärm und Trost; es verzaubert wie verstört uns und reißt uns gleichzeitig aus unserer Taubheit, unserem Täubling-Sein vielleicht, in seiner grausigen Komik.

      Interview mit Delia Salzmann zum Kulturverein “skin on marble”

      Wie ist skin on marble entstanden? Erzählt ein bisschen von der Idee hinter dem Verein. 

      Unser Verein ist vor knapp zehn Jahren in etwa zur gleichen Zeit entstanden, als unsere Mitglieder Rene, Ricardo und David gemeinsam das Harsh-Noise-Projekt KREUZ 17 gegründet haben. Das mittlerweile etablierte HEART OF NOISE Festival war damals noch recht jung und in Innsbruck gab es endlich wieder vermehrt offene Ohren für musikalische Abenteuer. Wir wollten Shows machen, bei denen es um eine Art von Intensität und Atmosphäre ging, die wir damals zu wenig vertreten sahen. Wir wollten auf der Bühne mehr düsteres Zeug und weniger ‚Rock Shows‘ sehen und vor allem Klänge hören, auf die man sich länger als nur für ein paar Minuten einlassen muss. Nichts zwingend Elitäres, aber halt auch keinen Klamauk und ewig Abgedroschenes. Da war von Anfang an von vertrackter Elektronik über Black Metal bis hin zu Noise Rap alles Mögliche dabei. Es kommt nicht von Ungefähr, dass eine unserer ersten Veranstaltungen den Titel “DAS IST KEINE PARTY, DAS IST DISZIPLIN” getragen hat.

      Wie stellt ihr euer Programm zusammen?

      Alle im Verein sind heavy user wenn es um den neuen heißen Scheiß in Musik und/oder sonstigen künstlerischen Ausdrucksformen geht; außerdem sind wir Teil eines aktiven Netzwerks von Menschen, die ähnliche Obsessionen pflegen. Zusätzlich fahren einige von uns selbst oder unserer Alliierten auf mehrere Festivals pro Jahr (donaufestival, Unlimited, HEART OF NOISE, Unsound, Unsafe & Sounds, Roadburn, etc.) – so sieht und hört man über das Jahr verteilt dann doch recht viel. Und natürlich gibt es auch die jahrelange Zusammenarbeit mit diversen Booking-Agenturen, die regelmäßig neue Künstler:innen vermitteln. Irgendwie ergibt sich das Jahresprogramm dann immer recht organisch. Wichtig ist uns, nichts zu überstürzen und lieber ein paar Shows weniger zu machen. Dann aber welche die knallen.

      Die letzte Veranstaltung habt ihr mit den Verschubus gemeinsam gemacht. Wie funktioniert so eine Kooperation bei euch und was sind da die Vorteile? 

      Kooperationen sind in der p.m.k meistens ein recht unkomplizierter Weg, um kosten- oder arbeitsintensivere Abende überhaupt erst stemmen zu können. Kurz gesagt teilt man sich die Arbeit und das finanzielle Risiko auf – versucht aber auch das Stammpublikum beider Vereine zu erreichen. Das haben wir im Laufe unseres Bestehens immer wieder gemacht, beispielsweise bei Wiegedood und Chaostemple oder auch bei the body und Uniform. Innsbruck ist zwar ein recht gutes Pflaster für Spezialitätenprogramm, aber die Anzahl an Menschen, die wir erreichen (können) ist trotzdem begrenzt. Leute aus Bayern, Südtirol oder aus anderen Bundesländern kommen zudem nur selten, bzw. eher für die populäreren Acts oder Genres wie Stoner und Psychedelic Rock. Sobald Sachen in die fiesere Richtung gehen, muss man meistens mit finanziellen Rücklagen arbeiten. Man bekommt recht schnell ein gutes Gefühl dafür, was finanziell noch abzufedern ist und wofür man sich Partner:innen suchen muss.

      Was war eure Lieblingsveranstaltung bisher?

      Schwer zu sagen, denn es gab wirklich einige sehr besondere Abende, die uns von der Intensität her umgehauen haben. Der Abend mit the body und Uniform zum Beispiel, oder auch das MASKHARAT Festival, das wir 2016 veranstaltet haben. Wir sind auf jeden Fall extrem froh darüber, dass wir letztes Jahr wieder ein paar so Momente hatten, in denen uns bewusst wurde, weshalb wir das alles machen. Der Abend mit DUMA, Ecko Bazz, Abu Gabi und Klimentina Li zum Beispiel. Oder diese absolut irre Show von GEWALT. Von solchen Erlebnissen zehrt man lange und dann hat man auch wieder Bock die nächsten Sachen zu planen.

      Gibt’s vielleicht auch irgendein amüsantes Malheur aus der Veranstaltungsgeschichte zu erzählen?

      Die Malheure von damals sind die guten Geschichten von heute. So waren bei unseren Shows anfangs oft nur sehr wenige Zuschauer:innen zugegen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Show mit FULL OF HELL, bei der wir lediglich 14 Leute im Publikum hatten. Und das zu einer Zeit, als sie gerade dabei waren, im Powerviolence- und Hardcore-Bereich richtig groß durchzustarten – die Band spielte Headliner-Slots auf internationalen Festivals. Nach dem Gig haben wir irgendeine sturzbetrunkene Polter-Gruppe in die p.m.k gelotst und ihnen mit aller Gewalt Tequila Shots verkauft, um noch irgendwie etwas Kohle reinzubekommen. Die Band inklusive Vorband übernachtete anschließend in Davids damaliger 4er-WG, weil wir uns keine Hotel-Übernachtung für so viele Menschen leisten konnten. Good times.

      Anfangs haben wir vielleicht selbst ein bisschen zu viel mitgefeiert und nach einer Veranstaltung mal die Kassa mit der kompletten Veranstaltungs-Kohle einfach auf dem Gehsteig vor der p.m.k liegen lassen. Irgendeine herzensgute Straßenreinigungskraft hat die dann zur Polizei gebracht. Diese hat dann zuerst in der p.m.k, und anschließend über Umwege bei mir (David) angerufen. Als ich dann, recht angestochen und mitgenommen vom Vorabend, bei der Polizei aufgetaucht bin, wollten sie die Kassa aber nicht mehr rausgeben, auch nicht als ich recht genau beschreiben konnte, wie sie aussieht, welche Sticker draufkleben und wie viel Geld in etwa drin sein müsste. Ich habe dann irgendwann entnervt gesagt: „Aber IHR habt ja MICH angerufen – wofür bin ich denn sonst hier? Was wollt ihr denn noch von mir hören?!“. Irgendwann haben sie die Kasse dann rausgerückt. Sehr nervig war das.

      Was habt ihr in der Zwischenzeit übers Veranstalten gelernt? 

      Im Lauf der Jahre sind wir um einiges gelassener geworden. Wir wissen mittlerweile, wo wir auch kurzfristig noch etwaige Technik auftreiben können, haben besser im Gefühl, was von einem Hospitality-Rider wirklich wichtig ist und wie wir Künstler:innen schnell eine Atmosphäre bieten können, damit sich diese wohl fühlen. Mittlerweile haben wir deshalb mehr Zeit für die Feinheiten und Details. Schön ist aber vor allem, dass wir noch nicht betriebsblind geworden sind und uns noch immer wie die Teenager über eine gelungene Veranstaltung freuen können. Da wir alle nebenher auch andere Jobs haben, ist der gemeinsame Spaß an der Sache das Wichtigste, denn sobald der fehlt, müssten wir damit aufhören. Bei uns bekommt keiner Kohle für irgendwelche Vereinstätigkeiten, deshalb muss sich die Arbeit zumindest emotional lohnen.

      | Interview: Delia Salzmann

    1. Offener Brief an die Mitglieder des Innsbrucker Gemeinderates betreffend Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Offener Brief an die Mitglieder des Innsbrucker Gemeinderates
      betreffend Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Innsbruck, am 19. Dezember 2022

      Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
      Sehr geehrte Damen und Herren des Innsbrucker Gemeinderates!

      Im Dezember 2019 beschloss der Innsbrucker Stadtsenat, eine Kulturstrategie Innsbruck 2030 zu entwickeln, die im Rahmen eines offenen partizipativen Prozesses erarbeitet werden sollte. Das damals formulierte Ziel bestand darin, eine „tragfähige Grundlage für das kulturpolitische Handeln“ zu erhalten, die auch „Prioritäten, Leitlinien und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung beinhalten (…) und für die Akteur*innen in Politik, Verwaltung und Kulturszene als Orientierungsrahmen dienen“ soll.

      2020 wurde der Prozess unter Einbeziehung einer externen professionellen Prozessbegleitung gestartet, die auf Basis von 33 qualitativen Interviews mit Persönlichkeiten aus den Innsbrucker Kulturszenen und Vertreter*innen anderer Schnittstellen eine umfangreiche Analyse und Grundlagenarbeit erstellte. Im April 2021 begann der öffentliche Beteiligungsprozess. Darüber hinaus wurde eine siebenköpfige Arbeitsgruppe mit Vertreter*innen des Innsbrucker Kunst- und Kulturbereichs sowie ein Advisory Board mit 33 Expert*innen aus den Fachbereichen Wissenschaft, Bildung, Jugend, Soziales, Integration, Tourismus, Kreativwirtschaft und Stadtplanung unter der Leitung des städtischen Projektteams eingerichtet.

      In insgesamt sechs öffentlichen Workshops mit einer unentgeltlichen Beteiligung von rund 500 Bürger*innen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen wie beruflichen Bereichen wurde mit viel Engagement, Ernsthaftigkeit und vor allem partizipativ ein umfangreiches Papier erarbeitet, das auf Basis von Analysen des Status quo in diversen Bereichen – von Jugendkultur über Fragen der Diversität bis hin zur kulturellen Stadtentwicklung – Defizite benannte und konkrete Lösungsansätze und Maßnahmen formulierte.

      Ein großer Teil dieser formulierten Ziele und Maßnahmen wurde nun von einzelnen politischen Vertreter*innen – ohne Rücksprache mit den am Prozess Beteiligten, dem Advisory Board oder der Arbeitsgruppe – gestrichen und das Papier in einer wesentlich verkürzten Fassung dem Gemeinderat am 15. Dezember 2022 zur Beschlussfassung vorgelegt.

      Für einen partizipativen Beteiligungsprozess ist jedoch ein sensibler Umgang mit den Beiträgen aus der Bevölkerung unabdingbar! Eine klare und offene Kommunikation, wie und in welcher Form Vorschläge in die Entscheidungsfindung einfließen werden, ist grundlegend, um Missverständnisse und Frustration zu vermeiden. Für die Akzeptanz eines Beteiligungsprozesses reicht die “Inszenierung von Beteiligung” nicht aus! Nach einer Sammlung von Lösungsvorschlägen sollten diese in einem konstruktiven Prozess zwischen den Beteiligten und der Politik zu konkreten Leitlinien und Strategien verdichtet werden. Diese Auseinandersetzung und diesen Dialog auf Augenhöhe gab es nicht.

      Diese Vorgangsweise ist sowohl kultur- wie vor allem demokratiepolitisch bedenklich, da damit der Partizipationsprozess nicht ernst genommen und die Expertise sowie das Engagement der am Prozess Beteiligten für unerwünscht bzw. irrelevant erklärt werden. Dies verstärkt in Zeiten wie diesen die ohnehin vorhandene Politikverdrossenheit, denn der öffentliche Beteiligungsprozess wurde so zu einem unverbindlichen Brainstorming degradiert, das von der Politik nach Belieben zurechtgestutzt werden kann. Damit wurde der Beteiligungsprozess grundlegend missverstanden.

      Die nun beschlossene Kulturstrategie Innsbruck 2030 ist kein Strategiepapier, denn es enthält großteils vage Formulierungen, die unverbindlich bleiben und nicht wirklich strategisch gedacht sind, um die Kulturentwicklung der Stadt zukunftsfähig zu machen. Abgesehen davon, dass alle Hinweise auf den Beteiligungsprozess fehlen, wurden die konkret erarbeiteten Lösungsansätze zu einem großen Teil gestrichen. Auch wurde die an manchen Stellen formulierte aktive Rolle der Stadt Innsbruck bei der Umsetzung der Kulturstrategie eingeschränkt. 


      Weder die interessierte Öffentlichkeit, noch die an dem Prozess Beteiligten kennen die sachlichen Argumente, die für die Streichung von vielen Zielen und Maßnahmen jeweils maßgeblich waren.

      Das nun vorliegende Ergebnis der Kulturstrategie Innsbruck 2030 basiert offensichtlich weniger auf sachlichen Argumenten als auf parteipolitischem Kalkül. Das “toxische” Klima innerhalb der Innsbrucker Stadtpolitik hat auch den Verlauf und das Ergebnis der Kulturstrategie überlagert – sehr zum Bedauern der beteiligten Kulturakteur*innen. Die Wortmeldungen der Kulturausschussmitglieder in der Gemeinderatssitzung am 15. Dezember 2022 zeigen, dass ihnen der zu erwartende Frust in der Kulturszene bewusst ist und in Kauf genommen wird. Sie betonen jedoch mehrfach, dass das Ergebnis nun “mehrheitsfähig” sei, was auf den Gemeinderat zutreffen mag, aber kaum auf die Kunst- und Kulturszenen in Innsbruck.

      Die im Ergebnispapier aus dem Partizipationsprozess formulierten Ziele und Maßnahmen wurden auf ein unverbindliches Minimum gekürzt, zudem fehlen eine klare Priorisierung der Maßnahmen, sowie Budget und Zeitplan für die Umsetzung. Das vermittelt wenig Hoffnung auf Veränderung. Die Vorsitzende des Kulturausschusses Frau Irene Heisz hat vor der Abstimmung über die Kulturstrategie in der Gemeinderatssitzung besonders die beschlossenen Punkte Fair Pay und Gedenkkultur positiv hervorgehoben. Jedoch sind diese ohnehin bereits in Umsetzung bzw. haben breiten politischen Konsens.

      Mitglieder des Kulturausschusses argumentieren mehrfach damit, dass die beschlossene Kulturstrategie nun “realisierbar und leistbar” wäre. Dabei fällt auf, dass viele Maßnahmen gestrichen wurden, die sehr leicht umsetzbar gewesen wären und zudem kaum Kosten verursachen hätten, insbesondere Maßnahmen, die zu mehr Vernetzung, Mitsprache und Teilhabe an kulturpolitischen Prozessen führen würden (Stichwort “Kulturbeirat”). Diese Expertise in einen strukturell verbindlich verankerten Kontext einzubinden, scheint unerwünscht. 

      Die Arbeit an der Kulturstrategie Innsbruck 2030 ist vor drei Jahren mit Enthusiasmus gestartet. Viele kulturinteressierte Menschen in Innsbruck haben große Hoffnungen in den Beteiligungsprozess gesetzt und darin ein Potenzial für eine positive kulturelle Entwicklung der Stadt gesehen. Daher fordern wir die Mitglieder des Gemeinderates auf, ihre Entscheidung zu überdenken, und ersuchen um eine Stellungnahme, warum viele der im Prozess erarbeiteten Ziele und Maßnahmen gestrichen wurden.

      Die Mitglieder der battlegroup for art sind natürlich jederzeit bereit, ihren oben dargelegten Standpunkt näher zu erklären.

      Unterzeichnet von den Mitgliedern der battlegroup for art
      (Netzwerk der in Innsbruck tätigen Interessenvertretungen, Plattformen und Zusammenschlüssen aus dem Bereich zeitgenössischer Kunst und Kultur)

      Arno Ritter – aut. architektur und tirol, Kulturbeirat des Landes Tirol, Mitglied des Advisory Board der Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Marco Trenkwalder – Filmfestival DIAMETRALE

      Bettina Lutz – FREIRAD Freies Radio Innsbruck

      Siljarosa Schletterer –  IG Autorinnen Autoren Tirol

      Barbara Fischer –  IG Freie Musikschaffende Österreich

      Daniela Oberrauch –  IG Freie Theater Tirol, Mitglied des Advisory Board der Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Kristin Jenny – Literaturhaus am Inn

      David Prieth – p.m.k Plattform mobile Kulturinitiativen, Vorstand IG Kultur Österreich, Mitglied der Arbeitsgruppe Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Bettina Siegele – Tiroler Künstler:innenschaft

      Andrei Siclodi – Tiroler Künstler:innenschaft, Kulturbeirat des Landes Tirol

      Helene Schnitzer – TKI – Tiroler Kulturinitiativen, Kulturbeirat des Landes Tirol, Mitglied der Arbeitsgruppe Kulturstrategie Innsbruck 2030

      Nicola Weber WEI SRAUM Designforum Tirol, Mitglied der Arbeitsgruppe Kulturstrategie Innsbruck 2030

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