Wie zu erwarten war, bleibt’s schwierig: Die junge Kulturszene in Innsbruck steigt seit Monaten regelmäßig auf die Barrikaden und macht ihrem Ärger Luft – aus Notwehr, aus Verzweiflung und trotzdem stets mit grundsätzlich positivem Ansatz: bewundernswert. Aber auch verständlich, wenn vorne und hinten entsprechende Ressourcen für qualitätsvolle Kulturarbeit fehlen – Raum auf der einen Seite, langfristige Perspektiven auf der anderen. Dazwischen herrschen prekäre Förderbedingungen für junge Initiativen, die zwar unglaublich motiviert, aber nicht bereits seit zwanzig oder vierzig Jahren in dieser Stadt tätig sind. Die keine eigenen Häuser, keinen eigenen Viaduktbogen, keinen eigenen Keller, keinen eigenen Turm bespielen können.
Wie soll man als junge, motivierte Kulturinitiative heute auf Dauer hier arbeiten, ohne sich eher früher als später in den nächsten Railjet oder die Sillschlucht hinunterzustürzen? Man kann mittlerweile förmlich spüren, wie sich bereits alle auf die Saison der illegalisierten Open-Air-Raves in Tirol freuen – jene Formate, die abseits von Anrainerbeschwerden, Privatwirtschaft oder Bittsteller*innentum existieren; bei denen man sich einfach wieder auf das konzentrieren kann, worum es eigentlich einmal gegangen ist.
Doch der letzte Feind des Raves ist bekanntlich das Vogelbrut-Schutzgebiet – und die unvorhersehbare Böe des warmen Föhns. Der Anrainer ergötzt sich schon jetzt am störenden Bass, die Exekutive wird vermutlich bereits gestern unterwegs gewesen sein.
Neben den Problemen, mit denen sich Initiativen wie Talstation, Pembau, Bale, Reich für die Insel & Co. herumschlagen müssen (anstatt ihrer eigentlichen Tätigkeit – der Kulturarbeit – nachzugehen), brechen nun auch substanzielle Lobbystrukturen und Netzwerke wie die Innsbruck Club Commission und das Projekt Luisa ist hier zusammen.
Man kann zum Handlungsleitfaden der Kampagne stehen, wie man möchte, aber ein zentrales Ziel von LUISA IST HIER war immer die Bewusstseinsschärfung für sexualisierte Gewalt im Nachtleben; und das hat ziemlich gut funktioniert. Mittlerweile hat sich die Zeit bekanntlich weitergedreht, und neue Sicherheits- bzw. Awarenesskonzepte wären notwendig. Aber die Mühlen der Politik und Verwaltung mahlen langsam – ein flexibles Reagieren auf veränderte Umstände spielt’s hier nicht. Also werden diese Strukturen mühsam aus dem subkulturellen Umfeld aufgebaut werden, bis ihre Wichtigkeit politisch anerkannt wird – und vielleicht ein bisschen Geld dafür fließen darf. Und dann dreht sich das Rad vielleicht wieder ein Stückchen weiter.
Man sieht also aktuell, was passiert, wenn man eine Interessensvertretung wie die ICC über Jahre auf absoluter Sparflamme arbeiten lässt. Dann ist es selbstverständlich nicht möglich, auf Dauer hochwertige Arbeit mit entsprechender Qualitätssicherung sicherzustellen. Mit sechs Stunden pro Woche kann man nirgendwo große Würfe erwarten, ohne dass die dahinterstehenden Personen ausbrennen. Das ist extrem schade – denn gerade diese Strukturen wären essenziell für eine lebendige Kulturszene im Westen. In anderen Bundesländern sieht man bereits, welchen Impact solche Strukturen haben können – besonders, wenn sie gut mit der Lokalpolitik zusammenarbeiten.
Ohne eine Lobby wie die Tiroler Kulturinitiativen wäre die Kulturlandschaft in Tirol – und in Innsbruck im Speziellen – wahrscheinlich mittlerweile so verroht, dass man abseits von Traditions- und Repräsentationskultur kaum noch etwas vorfinden würde. Manchen wäre vielleicht auch das recht.
Aber man darf davon ausgehen, dass der derzeitige Widerstand nicht so schnell brechen wird – nicht so schnell brechen darf.
Wir steuern aktuell auf einen interessanten Sommer zu.