• Interview Stadtblatt “Stimmen aus der Kulturszene” (Nov 20)

    Ich habe mit Redakteurin Nadine Isser vom Stadtblatt Innsbruck über die angelaufene Innsbrucker Kulturstrategie 2030, die knappe Raumsituation, Fair Pay, Kultur&Corona, die Innsbrucker Kulturlandschaft und mehr geplaudert.
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    Kultur-Tausendsassa David Prieth im Gespräch

    Die Stadt Innsbruck möchte mit der Kulturstrategie 2030 das kulturelle Leben in Innsbruck wiederbeleben. Dazu wurden verschiedene Menschen aus der Kulturszene befragt. Einer von ihnen ist David Prieth, Geschäftsführer der p.m.k., Vorstandsmitglied der Tiroler Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich und Aufsichtsratsmitglied des Tiroler Landestheaters.

    STADTBLATT: Wie zufrieden sind Sie mit dem Fragenkatalog der Kulturstrategie 2030?
    David Prieth: Die Aufteilung fand ich gut. Es ging um eine Art Bestandsaufnahme, aber auch was man vermisst oder was man sich für die Zukunft wünscht – die Fragen waren relativ offen und ich hab da viel unterbringen können. Es gab auch noch Raum für Input, also der Fragenkatalog war gut zusammengestellt.

    STADTBLATT: Wie stehen Sie zur „Kulturstrategie 2030“?
    Prieth: Ich bin Mitglied der Battlegroup for Art, das ist der Zusammenschluss, der in einem Treffen zusammen mit der Stadt Innsbruck diese Kulturstrategie – so wie es sie auch in anderen Städten gibt – versucht hat anzustoßen. Wir finden es wichtig, dass man sich nicht nur von einer Legislaturperiode zur nächsten oder von einem Jahr zum nächsten, Gedanken macht, sondern sich längerfristige Konzept überlegt, wo man hinwill. Ein Konzept, auf das sich viele einigen, bei dem man nicht immer alles neu ausstreiten muss. Bei dem sich alle einbringen können und das man dann als Leitfaden verwenden kann.

    STADTBLATT: Also sind Sie mit dem jetzigen Stand der Kulturstrategie zufrieden?
    Prieth: Genau, wobei diese noch sehr am Anfang steht. Ich finde, es braucht eine ganz starke Transparenz, sodass sich Leute eingeladen fühlen, ihre Meinung kundzutun und sich einzubringen. Aber bisher bin ich zufrieden.

    STADTBLATT: Was sind die Hauptforderungen aus Ihrer Perspektive, bzw. wo müsste man am schnellsten schauen, dass sich die Lage für Kunst- und Kulturschaffende verbessert?
    Prieth: Was Corona klar gemacht hat, ist, dass prekäre Arbeitsbedingungen für Künstler und Künstlerinnen schwierig sind, weil sie in Krisensituationen – so wie jetzt – überhaupt keine Rücklagen haben, teilweise als gemeinnützige Vereine auch gar keine Rücklagen haben dürfen. Soziale Absicherung ist auf jeden Fall wichtig und Raum, z.B. Ateliers. Die Szene braucht soziale Absicherung, die Szene braucht Raum und die Szene braucht faire Bezahlung. Und im Idealfall auch noch einen Ausbildungsort in Innsbruck, sodass nicht alle nach Wien oder Linz gehen müssen, um Kunst und Kultur zu studieren.

    STADTBLATT: Wäre es auch sinnvoll das System der Subventionierung zu überarbeiten?
    Prieth:
     Was ein großes und wichtiges Thema ist und auch zum ersten Mal seit zehn Jahren in ein Regierungsabkommen geschafft hat, ist das Thema „Fair Pay“, also faire Bezahlung für Arbeit. Faire Entlohnung, das ist einfach wichtig. Ich finde es ist falsch, dass man zwar einerseits gerne von Kulturnation spricht und sich auch damit schmückt, und andererseits sieht die Arbeitsrealtiät von kulturschaffenden Menschen aber oft so aus, dass sie sich in einer Bittsteller-Situation wiederfinden. Kulturschaffenden Menschen sollte man auf Augenhöhe begegnen und sie auch entsprechend entlohnen, sodass diese auch dementsprechend arbeiten können.

    STADTBLATT: Also sind Subventionen und der Eintritt insgesamt zu wenig, als das faire Bezahlung zustande kommen könnte?
    Prieth:
     Genau, hier braucht es ein Umdenken der Wertigkeit. Viele Menschen im Kunst- und Kulturbereich haben sich schon daran gewöhnt, dass sie sich unter ihrem Wert verkaufen müssen, dass sie es gar nicht mehr realistisch finden, dass sie irgendwann einmal halbwegs normal verdienen. Da braucht es auch in der Szene ein Umdenken: dass die Arbeit, die wir machen, wichtig ist. Und dass mehr finanzielle Ressourcen in die Kultur reingesteckt werden müssen.

    STADTBLATT: Wie schätzen Sie die Lage in Innsbruck ein, z. B. ist die Clubkultur in Innsbruck auch vor Corona schon stark in Bedrängnis gekommen?
    Prieth:
     Das positive ist, dass es einen extrem solidarischen Austausch gibt. Wir haben auch mit der Clubcomission Innsbruck viele Nachtgastronomiebetriebe und Clubs an einen Tisch gebracht. Wir haben zum Beispiel im Rahmen von der „Luisa ist hier“-Kampagne das Thema der sexualisierten Gewalt auf den Tisch gebracht. Wir haben den Wert der Clubkultur immer wieder betont und als Netzwerk funktioniert das ganz gut. Feiern ist wichtig, aber die Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass es für alle schön und toll und sicher ist – daran arbeiten wird gerade. Ich sehe Clubkultur als einen ganz zentralen Teil des kulturellen Schaffens und des sozialen Raumes, der wird aber teilweise etwas abschätzig behandelt. Da könnte es schon mehr zeitgenössisches Verständnis geben, wie es es auch in anderen Städten gibt. Dass die Clubkultur momentan zum Erliegen kommt, ist natürlich schade, doch die meisten Menschen in der Szene zeigen Verständnis dafür. Wo man dann kein Verständnis mehr hat, ist, wenn es irgendwelche undurchsichtigen Ausnahmen gibt, die eigentlich nicht zu argumentieren sind.

    STADTBLATT: Sie sind Geschäftsführer der p.m.k., wie geht es euch in dieser Zeit?
    Prieth: 
    Wir als p.m.k. haben durch unsere besondere Struktur, das heißt, dass das Programm von unseren Mitgliedsvereinen gemacht wird und wir nur die Infrastruktur stellen und zwei Halbtags-Stellen haben, sehr gut auf die Situation reagieren können. Wir sind sofort in einen finanziellen Ressourcen-Spar-Modus gefahren und kommen zum Glück jetzt bis zum Ende des Jahres ganz gut durch.

    STADTBLATT: Vor Corona haben ja diverse Lokale, das Weekender, der Hafen, und und und, zugesperrt. Ist das auch ein Problem der Wertigkeit?
    Prieth:
     Das ist auch etwas, was die lokale Politik meiner Meinung nach unterschätzt. Wenn nämlich einmal so ein Laden zusperrt, kommt so schnell nichts nach. Die Immobilienpreise sind so hoch in Innsbruck und die Voraussetzungen, die man an so einen Raum stellt, damit man da halbwegs normal und sinnvoll einen Nachtclub reinmachen kann – das ist so speziell und schwierig in Innsbruck – wenn ein Ort verloren geht, dann kann das ein jahrelanges Loch reinwerfen. Das kann man dann nicht einfach von heute auf morgen nachbesetzen. Innsbruck ist eine Studentenstadt, es gibt viele junge Menschen – und die Orte werden zunehmend weniger und da müsste es eigentlich schon ein stärkeres Commitment und Unterstützung geben. Es kann auch nicht sein, dass wegen einem Nachbarn ein kompletter Laden wegfällt, wo hunderte oder tausende Menschen einen zentralen Treffpunkt verlieren. Da würde ich mir von der Stadt mehr Lösungen wünschen, z. B. kann man sich überlegen, ob man in stärkeren Lärmschutz oder so investiert. Also ich finde schon, dass es da ein stärkeres Commitment braucht.

    STADTBLATT: Wie sehen Sie die kulturelle Entwicklung in Hinblick auf Interdisziplinarität?
    Prieth: 
    Was mir an Innsbruck gut gefällt ist, dass in Anbetracht der geringen Größe doch relativ viel passiert – weil es viele engagierte Gruppen und Einzelpersonen gibt. Im Kulturbereich passiert auch viel übergreifend: Man kann auf eine Ausstellung gehen und da findet man Leute aus dem Uni-Kontext, aus der Subkultur, Kunstschaffende und so weiter. Also da sind die Szenen schon vernetzt. Die Entwicklung in den letzten Jahren, vielleicht seit der Fluchtbewegung 2015 und jetzt noch mehr durch Corona, ist auch dahingehend, dass sich viel im kulturellen Bereich auch klarer politisch verortet oder politisch auftritt. Ich kann mir vorstellen, dass das so weitergeht. Aktuell gibt es ja einige demokratiegefährdende Gruppierungen innerhalb dieser Coronaskepsis, und dass da Kulturschaffende ihre Stimme für die Demokratie einsetzen, zur Deeskalation, finde ich auch wichtig.

    STADTBLATT: Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen der sogenannten ernsten Kunst und Subkultur bzw. auch Volkskultur in Innsbruck?
    Prieth: 
    Ich sehe Kultur sehr breit, ich bin im Vorstand der Tiroler Kulturinitiative und auch im Aufsichtsrat des Tiroler Landestheater. Für mich hat eine italienische Oper gleich viel Daseinsberechtigung wie ein elektronisches, zeitgenössisches Konzert. Da gibt es schon auch noch viel aufzuholen. In anderen Städten tut sich da teilweise mehr, bei den Wiener Festwochen z. B., bei uns vielleicht die „Klangspuren“. Dass sich vielleicht auch einmal ein Publikum vermischen kann. Diese Schranken zwischen E und U aufzuweichen, da bleibt noch viel Vermittlungsarbeit. Ich bleib da positiv, dass sich das auch verbessern wird. Man muss sich halt noch ein paar Jährchen reinhängen.

  • Kolumne für den neuen p.m.k-Folder im Dez 2020

    STUCK ON THE WRONG CHANNEL

    „First we save the Rave, then we save the world“ stellt H.P. Baxxter im Intro zum neuesten Scooter-Song “FCK 2020“ klar. Und angesichts der gegenwärtigen gesellschafspolitischen Entgleisungen, im Zuge derer selbsternannte Wahrheitssuchende jeden rationalen Gedanken seit der Aufklärung über Bord geschmissen haben, wünscht man sich umso mehr einen endorphin-geschwängerten und bass-bekränzten Dancefloor zurück. Als Indeep im Jahr 1982 LAST NIGHT A DJ SAVED MY LIFE sangen, hießen Demokratiefeinde noch nicht „Querdenker“ und Faschos waren auch noch nicht „besorgte Bürger“, sondern einfach Faschos. Und als es dann vor einem Dreivierteljahr für alle RUNTER VON DER TANZE hieß, ahnten wir bereits, dass ‚Das Gute Leben‘ nun für eine ganze Weile lang vorbei sein würde. Wahrscheinlich war es dann der Moment, in dem Gesundheitsminister „Kurven-Rudi“ Anschober im Oktober verlautbarte, dass falls wir uns abends und an den Wochenenden in Zurückhaltung üben würden, immerhin noch unter der Woche arbeiten gehen dürften, als endgültig klar wurde, dass unsere Vorstellungen einer guten Nachricht relativ weit auseinanderdriften. Es war die Pressekonferenz, die dem doppelbödigen Scheinargument „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ endgültig das Genick brach.

    I CAN’T RELAX IN ÖSTERREICH. Es ist beinnahe enttäuschend wie sehr diese „neue Realität“ lediglich eine verschärfte Version der „alten Realität“ ist, dabei lang-gewachsene Missstände nur noch deutlicher hervorhebt, gesellschaftliche Ungerechtigkeit verschärft wird und populistische Parteien nichts Besseres zu tun haben, als weiterhin zu versuchen Zwietracht zwischen sozialen Gruppen zu säen. Säße die Partei der rechtsextremen Einzelfälle aktuell noch an den Schalthebeln der innenpolitischen Geschicke dieses Landes, müsste man wahrscheinlich damit rechnen, dass jeder (einheimische!) Mensch zwischen Wulkaprodersdorf und Hohenems mit zerronnener Schnitzelpanier zwangs-kuriert werden würde. Der Rest müsste vermutlich als rot-weiß-roter 5G-Masten auf Österreichs Feldern arbeiten, um eine flächendeckende Netzabdeckung für Gernot Blümels Leih-Laptop sicherzustellen.

    In der Realität, in der wir leben, verwechseln wahlberechtigte Erwachsene das Verteilen von Flyern und das Anmelden von Demonstrationen mit dem Widerstandskampf Sophie Scholls gegen den Nationalsozialismus. In der Realität, in der wir leben, riskieren viele Menschen lieber einen chronischen Lungenschaden, als das Angebot um einen rabattierten Klodeckel ungenutzt verstreichen zu lassen. Das ist nicht die neue, sondern das ist die auf ihre zähflüssige Essenz heruntergekochte alte Normalität. Das Schlimmste hat sich also schon Vorvorgestern erfüllt: Kronenzeitung, Facebook und Telegram haben unseren Eltern das angetan, was sie glaubten, dass Killerspiele in den 2000ern mit uns machen würden. Autsch. Somit fasst es der Scooter-Schlusssatz in FCK 2020 eigentlich recht treffend zusammen: „Stuck on the wrong channel / Like chained to a dead camel, ah!“.

    euer Kulturkollektiv ContrApunkt
    AGAINST REALITY

  • Weshalb wir uns nicht mit “Querdenken”-Gruppen solidarisieren dürfen

    Die Kaputtniks von “Querdenken” in Kempten solidarisieren sich inzwischen ganz öffentlich mit so ziemlich allen Menschen und Gruppen, so lange diese sich gegen die aktuellen Coronamaßnahmen stellen. Dabei ist es einigen ihrer zentralen Figuren vollkommen egal ob sich dabei um Neonazis handelt, um prügelnde Ehemänner oder um Fans von Kinderpornographie (die dazugehörige Szene kann man sich auch HIER auf Video ansehen). Der Querdenker-Arzt Rolf Kron (der unter anderem bei der Veranstaltung “Klardenken Schwaben” auch schon mal den Hitlergruß zeigte) hat hier bei einer Veranstaltung des Arztes Bodo Schiffmann und Samuel Eckert (beide sehr populär in der Querdenker-Szene) mal wieder aus freien Stücken und gerade heraus bewiesen, wie eng Querdenken-Strukturen inzwischen mit extremistischen Strömungen verwoben sind und wie sich die Szene in ihrem kollektiven Hass-Rausch zunehmend radikalisiert.

    Wer nachdem das ganze ausgestanden ist, sagt, er*sie hätte von alledem nichts gewusst und wollte sich bei Querdenken nur deshalb einbringen, weil man sich gegen Unterdrückung wehren wollte, und man wusste ja gar nicht was da für Leute an den koordinativen Schalthebeln saßen, belügt nicht nur alle anderen, sondern vor allem auch sich selbst. Wenn man hinschaut, sieht man es ganz unverblümt. Es gibt keinen Grund mit diesen Menschen gemeinsame Sache zu machen.

    Am kommenden Samstag gibt es auch in Innsbruck wieder eine Demo von “Querdenken” und “Für eine bessere Welt” in Innsbruck. Personen aus dem Umfeld verbreiteten u.a. bereits Falschmeldungen – z.B. dass in der Innsbrucker Klinik 2 Kinder an den Folgen des Maskentragens gestorben seien – was selbstverständlich nur eine dreiste Lüge ist (es gibt diesbezüglich auch eine direkte Stellungnahme von den Tirol Kliniken, die die Meldung als Fake bestreiten). Es geht Querdenken nicht um Wahrheit, sondern darum, die Bevölkerung aufzuheizen und zu radikalisieren – Falschmeldungen wie diese zeigen das ganz deutlich.

    Wie bereits mehrmals gesagt – man kann Corona Maßnahmen kritisieren und sich dabei klar von diesen Gruppierungen abgrenzen. Und wenn man das alles nicht glauben möchte, nicht wahrhaben will, dann sollte man einfach nur ein paar Minuten in den internen Gruppen mitlesen, denn dort sind “Nieder mit der Regierung” noch die netteren Parolen. In der Planungsgruppe für die auf morgen angesetzte Demo in Berlin geht es aktuell z.B. heißestens her.
    Auszüge nach ein paar Minuten Recherche in der dazugehörigen Telegram-Gruppe: “Wir werden morgen den Bundestag stürmen und die Regierung dazu zwingen aufzugeben”;”Glaubt ihr die Juden stecken hinter dem Virus? Rache am deutschen Volk”,”die letzte aller Schlachten gewinnt das deutsche Volk ein für alle mal”,”da macht eine Jüdin mit den Deutschen was Hitler damals mit den Juden gemacht hat. Das ist eine Kollektivstrafe/Rachefeldzug 70 Jahre nach Hitler”

    Also. Wenn “klar denken” und “querdenken” für Menschen in diesen Bündnissen bedeutet, dass man gemeinsame Sache mit Verhetzern und Menschenjägern macht, dann sagen die Demonstrationsteilnehmer auf Querdenken-Demos gleichzeitig auch JA zu Verfolgung, JA zu Antisemitismus (Juden als Sündenböcke), JA zu Gewalt und JA zur Solidarität mit menschenverachtenden Weltanschauungen.Es gibt keinen Grund bei “Querdenken” mitzuarbeiten, keinen Grund sich mit Querdenker*innen zu solidarisieren.

  • Thema “Incels” ein frauenhassendes und todessehnsüchtiges Männerbündnis

    Ich kann allen nur wärmstens das neue Buch von Veronika Kracher zum Thema “Incels: Geschichte, Sprache und Ideologie eines online-Kults” empfehlen (erschienen bei “testcard”). Im Jahr 2019 hielt Kracher zudem diesen sehr hörenswerten Vortrag zum Thema (Link unten), der meiner Meinung nach nicht nur die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge, in denen die frauenverachtende Incel-Kultur entstehen konnte, umfassend beleuchtet, sondern in dem sie auch die feine Balance von wissenschaftlicher Distanz und persönlichem Interesse toll verknüpft.Buch und/oder Vortrag sind auch sehr gut geeignet für Menschen, die mit diesem virtuellen und todessehnsüchtigen Männerbund, auf dessen Konto einige der letzten (bekannten) Amokläufe gehen, bisher noch nicht so viel zu tun hatten

    Hier der Link zum Nachhören

  • Beitrag zur Lage der Kulturschaffenden im aktuellen 20er

    Ivona Jelcic hat für die aktuelle Ausgabe der Straßenzeitung 20er ein Stimmungsbild im Umfeld der Tiroler Kulturarbeiter*innen eingeholt, zu dem ich auch ein paar Worte beisteuern durfte. Auch wenn man gebetsmühlenartig die selben Punkte wiederholen muss, never surrender.

  • Aktuelle Informationsangebote für Künstler*innen zum Thema Existenzsicherung & Kundgebung

    Ich hoffe, ihr habt in dieser zermürbenden Woche alle größer-gleich 1 (≤) Menschen, der für euch da ist. Ist doch ziemlich viel für den Kopf momentan…

    ► Aber es muss weitergehen und diese Woche bietet die Tiroler Künstler:innenschaft zB einen online-Workshop zum Thema “Künstlerische Freiheit schützen – Allianzen bilden” mit dem Fokus “Ökonomische Absicherung als Garant für künstlerische Freiheit” an. Teilnahme ist kostenlos – Anmeldung per Email nicht vergessen

    ► Auch gibts das für 2020 aktualisierte Handbuch von mica – music austria “Überleben im Musikbusiness – Handbuch für Musiker*innen & Komponist*innen in Österreich”. Wer sich mit dem Förderdschungel im Musikbetrieb und weiteren Angeboten beschäftigen muss/möchte – hier kann man es auch als PDF abrufen https://www.musicaustria.at/…/upl…/online_handbuch-1.pdf

    ► Nächste Woche am 13.11. gibt es auch eine Kundgebung zum Thema “Existenzsicherung Jetzt! Gemeinsame Kundgebung!” organisiert von der Alternative Liste Innsbruck – ALI

    ► Und ein großes Danke, an alle die versuchen auch in diesem echt unsäglichen Jahr die Fahne hoch zu halten und/oder Angebote unter schwierigen Umständen oder auch im virtuellen Raum anbieten ❤

  • Bildgedanke: Wenn Tiroler Tourismuswerbung ehrlich wäre

    Muss man das rechtlich gesehen noch als Satire bezeichnen? Im Prinzip ist es doch so.
  • TT-Artikel zum “Fair Pay”-Wochenende

    Das Themenschwerpunkt-Wochenende zu Fair Pay bot zahlreiche Diskussionen, Lösungsansätze um den prekären Arbeitsbedingungen im Kunst&Kulturbetrieb entgegenzusteuern und regte den Dialog zwischen unterschiedlichen Akteur*innen innerhalb der Szene an. Danke an Barbara Unterthurner für den Artikel zu diesem wichtigen Thema.

    Kultur ist Arbeit. Arbeit verdient Geld.

  • Uni-Standard: Ausgefeiert ist noch lange nicht

    Zum Studienbeginn hat Maria Retter von der APA und vom Uni Standard ein Interview mit meinen Kollegen Edi Gruber (Club Cubique & Das Brahms), Fred Lordick (Dachsbau & Club Commission Innsbruck) und mir zum Thema Feierkultur und Corona geführt.

    Der Standard 11.10.2020 (von Maria Retter)

    Zu Unibeginn gibt es keine großen Studentenpartys. Das Feiern hat sich Corona-bedingt ins Private oder Illegale verlagert, die Politik kümmert sich wenig

    DJ-Pult, Alkoholausschank, Nebelmaschine und Lasershow: Die Sillschlucht wurde diesen Sommer zum Club.

    Der Bass lässt die Menge erzittern. Hunderte Feiernde tanzen. Ihre Schuhsohlen kleben nicht am alkoholverklebten Boden, sondern sind schlammverkrustet und stampfen auf Sägespänen. Es riecht nicht nach Schweiß und Parfum, sondern nach Wald und Marihuana. Die Discokugel hängt an einem Baum, der Strom der Boxen kommt aus Generatoren. Die Tanzenden feiern nicht im Club, sondern auf einem Rave in der Sillschlucht bei Innsbruck Anfang Juli.

    Mittlerweile ist Unistart: Für gewöhnlich würden nicht nur Vorlesungen und Übungen starten, sondern auch Studierenden-Clubbings, Erstsemesterpartys oder Wohnheimfeste. Doch das große Kennenlernen und die Beer-Pong-Duelle finden heuer in Wohnzimmern oder eben auf illegalen Raves statt.

    Seit Mitte März sind die meisten Nachtlokale Corona-bedingt geschlossen, Veranstaltungen begrenzt, im Westen macht um 22 Uhr alles dicht. Das treibt die Partyszene in den Untergrund – und die Clubbesitzer in den Ruin, Veranstaltern illegaler Raves wie in der Sillschlucht drohen Strafen in Tausenderhöhe. Zuletzt sind auch die Wiener Discos in den Fokus geraten: Hunderte Menschen haben dort ohne Einhaltung der Abstandsregeln bis nach der Sperrfrist gefeiert. Und die Statistik der Covid-19-Infizierten zeigt, dass sich derzeit viele junge Menschen anstecken.

    Feiern gehört zum Jungsein

    Dass Partys in die Illegalität verlegt werden, wundert Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier nicht. “Feiern gehört zum Jungsein. Das ist auch anthropologisch zu sehen: Jugendliche haben noch keine Beschränkungen des Erwachsenenlebens, sie sollten Freiräume nützen, ihre Grenzen austesten.” Durch die Einschränkung der Freiheiten und Aktivitäten während der Pandemie und die Tatsache, dass sich viele Junge von der Politik im Stich gelassen fühlt, werde der Exzess auch “in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung stehen”

    Ausgehen sei “die Art, sich in dem Alter zu sozialisieren: So lernt man neue Leute kennen, findet die Liebe”, sagt auch eine Innsbrucker Jus-Studentin, die anonym bleiben will: “Auf etwas zu verzichten, an das man sich gewöhnt hat und aus dem man Freude und Entspannung zieht, ist generell hart.” Die 27-Jährige sieht einen Generationenkonflikt: “Die Gruppe, die vom Virus am wenigsten betroffen ist, muss die größten Einschränkungen hinnehmen.”

    Keine Pläne für Clubs

    Doch nicht nur die Jungen sind pandemiemüde, frustriert oder fühlen sich derzeit übersehen. Auch die Nachtlokalbetreiber tappen seit Monaten im Dunkeln und warten vergeblich auf klare Ansagen, wie es weitergeht. “Die Raves zeigen, dass man das Feiern nicht verbieten kann”, sagt Fred Lordick. Er betreibt den Dachsbau, einen Hip-Hop-Club in der Innsbrucker Altstadt. Seine Welt ist derzeit alles andere als perfekt: Zwei komplett ausverkaufte Shows fielen in die Zeit des Lockdowns – damals hatte er noch Hoffnung, zumindest zu Studienbeginn wieder öffnen zu können.

    Studierende machen immerhin ein Viertel der Innsbrucker Bevölkerung aus, die Nachfrage nach Party ist deshalb ab Semesterbeginn besonders groß. Davon profitierte bislang nicht nur der Dachsbau, sondern laut Lordicks Schätzungen rund 60 Betriebe und über 100 Vereine. Hunderte Beschäftigte verdienen ihr Geld in der Innsbrucker Nachtgastronomie, darunter viele Studierende.

    Sonntagmorgen, sieben Uhr: Noch immer wird in der Innsbrucker Sillschlucht die angestaute Feierlust weggetanzt.

    “Die Politik muss sagen: Wir retten die Clubs, denn wir brauchen sie”, findet Lordick, und meint damit nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung der Clubszene, sondern insbesondere deren kulturelle Relevanz.

    “Das Ganze ist eine ziemlich verlogene Diskussion”, ärgert sich David Prieth. Auch er ist Clubbetreiber und bezeichnet sich als “Profi der Nachtkultur”. Sie würden die Bedingungen kennen, könnten mit den Feiernden umgehen und wären somit prädestiniert, Corona-verträgliche, alternative Konzepte umzusetzen. Der gesellschaftliche Kulturdiskurs pendle zwischen Hochkultur und Après-Ski, sagt Prieth. Dementsprechend würden sich auch die politischen Anstrengungen und Rettungsmaßnahmen hiernach richten.

    Auch Heinzlmaier geht mit der Politik hart ins Gericht: “Die Jugendkultur ist den Entscheidungsträgern völlig egal.” Er fordert einen “breiteren Kulturbegriff”, ansonsten werde nicht nur die Club-, sondern auch die Jugendkultur bald in Trümmern liegen.

    Techno statt Musikkapelle

    “Techno ist kulturell genauso bedeutsam wie die Festwochen”, sagt Edwin Gruber. Er sitzt mit Lordick und Prieth am Tisch seines Lokals “Das Brahms” im Innsbrucker Haus der Musik, wo sich Operngänger zum Abschluss des Abends einfinden. Gruber betreibt auch den Club Cubique, wo vor Corona-Zeiten Innsbrucks Hipster in Netzstrumpfhosen und Plateauschuhen bis acht Uhr früh zu Techno tanzten. Neulich habe er im Gastgarten des Brahms Techno aufgelegt. “Innerhalb von zehn Minuten war der Magistrat da”, erzählt Gruber. “Wenn Musikkapellen lärmend durch den Ort marschieren, stört es keinen”.

    Auch der 22-jährigen Sarah ist “Party wichtig”. Zwar müsse man aufpassen und dürfe Corona “auf keinen Fall unterschätzen”, aber man müsse lernen, mit dem Virus zu leben. “Man kann nicht der Jugend alle Freiheit nehmen, die Möglichkeit, einfach Spaß zu haben, sich fallenzulassen”, sagt die Medizinstudentin aus Innsbruck. Auch wenn es eine “Herausforderung” sei, wünscht sie sich Partys und Veranstaltungen zurück: “Unter bestimmten Regeln, wie etwa Contact-Tracing, ist das machbar. So kann man Cluster klar abgrenzen. Dann ist es jedem selbst überlassen.”

    Keine Regeln

    Ein Blick in die Sillschlucht: Die angestaute Feierlust scheint im Sommer schwerer zu wiegen als die Räson, Corona wirkt den Abend lang vergessen. Es gibt keine Einschränkungen, keine Masken – es geht darum, dem Alltag zu entfliehen. “Feiern macht den Anpassungsdruck, mit dem die Jugend konfrontiert ist, erträglich. Die Clubs sind auch Räume, wo Alltagsnormen der Gesellschaft entweder aufgehoben oder durchlässiger sind”, sagt Jugendforscher Heinzlmaier.

    Das weiß auch Lordick: “Außer ‚Habt Spaß!‘ und ‚Seid lieb zueinander‘ gibt es im Club keine Regeln.” Sich wohlfühlen gehe nicht mit Maske und Abstand. Aufsperren wollen die drei Clubbetreiber deshalb auch nur “unter halbwegs normalen Bedingungen”. Doch: “Irgendwann werden wir wieder feiern wie früher, auch wenn es dauert”, sagt Prieth. Nach dem Vorbild Wiens und Berlins haben er und einige Kollegen sich in der “Innsbruck Club Commission” vernetzt und lobbyieren “weiterhin hart für das gute Leben”.

    Dass auch in den kälteren Monaten Party gemacht wird, steht außer Frage. Wie und wo, das wird sich zeigen. (Maria Retter, 11.10.2020)

  • Pressekonferenz: Kritik an Corona-Richtlinien im Kulturbetrieb (Tirol Heute 15.10.20)

    Der Kulturbetrieb hat seine Hausaufgaben gemacht, denn bisher ist dort kein nennenswerter Cluster entstanden; nicht einmal bei Riesenveranstaltungen wie den Salzburger Festspielen. Trotzdem wird vor allem hier mit aller Gewalt draufgehauen und verunmöglicht – stets ohne die Erfahrung und Einschätzungen von Expert*innen miteinzubeziehen. So soll es zB ab nun verboten sein in Ibk-Stadt und -Land bei Veranstaltungen Getränke anzubieten. Sprich, sitzen in einem Lokal Menschen an Tischen zusammen, dürfen diese ganz normal etwas trinken. Sitzt allerdings jemand gleichzeitig vorne auf einer Bühne und erzählt den Abend über Scherze, dann ist das eine Veranstaltung und die Menschen dürfen deshalb an ihren Tischen nichts mehr trinken. Was genau soll das bringen? Diese willkürlichen Schnellschüsse tragen weniger zu irgendjemandes Sicherheit bei, als dass sie wie die Axt im Walde Existenzen und Strukturen zerstören.Gestern gab es im Haus der Musik eine Pressekonferenz unter der Beteiligung der TKI – Tiroler Kulturinitiativen, dem Tiroler Landestheater und unterschiedlichen Kulturvereinen und Plattformen, um darauf aufmerksam zu machen, dass man mit diesen nicht nachvollziehbaren Methoden langfristig vieles kaputt machen kann, was über Jahre und Jahrzehnte mit viel Herzblut aufgebaut wurde.